Palladianismus

Palladianismus
Palladianịsmus
 
der, -, klassizistische Richtung der europäischen Architektur vom späten 16. bis zum 18. Jahrhundert (im 18. Jahrhundert auch als Neopalladianismus bezeichnet), die stilistisch an die Bauten A. Palladios anknüpft und sich vom Klassizismus durch die Beschränkung auf meist spätrömischen Vorbilder unterscheidet. Hauptkennzeichen des Palladianismus sind einfache, klare Baukörperformationen mit flacher Dachneigung und vorgesetzten Säulenordnungen, die meist als Kolossalordnungen über zwei Geschosse reichen.
 
Die theoretische Grundlage des Palladianismus bilden die 1570 von Palladio veröffentlichten »Quattro libri dell'architettura. ..«, durch die v. a. seine venezianischen Villenentwürfe verbreitet wurden. In Italien blieb der Stil als Gegenströmung zum römischen Barock auf Venetien beschränkt und auf die unmittelbaren Nachfolger Palladios, so V. Scamozzi, und in der Folge B. Longhena (in seinen einfacheren Bauten) sowie Giorgio Massari (* 1668, ✝ 1766), Domenico Rossi (* 1678, ✝ 1742) und Ottavio Bertotti-Scamozzi (* 1719, ✝ 1790), während seine Einflüsse in der französischen Architektur des 17. Jahrhunderts zu einem barocken Klassizismus (Classicisme) verarbeitet wurden. In den protestantischen Ländern Nordeuropas wurde der Palladianismus aufgrund seiner dem kirchlichen Stil des römischen Barocks entgegengesetzten Grundhaltung aufgegriffen. Seine Hauptvertreter in den Niederlanden waren J. van Campen, P. Post und P. Vingboons. Niederländische Einflüsse gelangten nach England, wo der Palladianismus seit dem frühen 17. Jahrhundert durch I. Jones seine umfassendste Verbreitung fand. Er fand zunächst beim Bau staatlicher Repräsentationsbauten Anwendung. Während des 18. Jahrhunderts wurde der Palladianismus zum bevorzugten Stil für Landsitze des englischen Adels (Richard Boyle, 3. Earl of Burlington; W. Kent; C. Campbell), ebenso wie in den nordamerikanischen Kolonien (Kolonialstil). In Deutschland wirkte sich der Palladianismus besonders auf Bauten von G. W. von Knobelsdorff, F. W. von Erdmannsdorff und S. L. Du Ry aus.
 
 
Palladio. La sua eredità nel mondo (Mailand 1980);
 J. Harris: The Palladians (London 1981);
 R. Wittkower: Palladio and English Palladianism (Neuausg. London 1983);
 B. Köster: Palladio in Amerika. Die Kontinuität klassizist. Bauens in den USA (1990);
 R. Tavernor: Palladio and Palladianism (London 1991, Nachdr. ebd. 1994).

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Pal|la|di|a|nịs|mus, der; - [nach dem ital. Architekten A. Palladio (1508 bis 1580)]: an die Bauten Palladios anknüpfender klassizistischer Architekturstil des 17. u. 18. Jh.s, bes. in Westeuropa u. England.

Universal-Lexikon. 2012.

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